Frage:

Warum fließen Flüsse nicht geradeaus bergab? Teil 1

Antwort:

Man schaut sich diese Frage am besten in zwei Teilen an: Was passiert überhaupt in Flussbiegungen physikalisch? Und was löst die Bildung von Flussbiegungen aus (der 2. Teil folgt).

Albert Einstein hat zur Beantwortung der ersten Frage das folgende kleine Experiment vorgeschlagen: Man gibt ein wenig losen Tee (wenige kleinere Blätter reichen schon aus) in eine Tasse (besser ein Glas mit flachem Boden) voll Wasser und wartet, bis die Teeblätter sich voll gesogen haben und zu Boden gesunken sind. Dann rührt man um, bis sich die gesamte Flüssigkeit im Glas in Bewegung befindet (das erkennt man daran, dass sich die Oberfläche des Wassers in der Mitte des Glases leicht eindellt) und nimmt den Löffel heraus. Die Teeblätter sind schwerer als das Wasser (sie sind ja nach unten gesunken) und sollten deshalb von dem im Kreis strömenden Wasser durch die Fliehkraft nach außen gedrückt werden und sich am Rand sammeln. Was man aber sieht, ist, dass sich die Blätter in der Mitte des Bodens ansammeln. Wenn man genau hinsieht, bemerkt man auch, dass die Teeblätter in der Mitte ein wenig auf und ab tanzen, so als würden sie ständig leicht nach oben gezogen. Es muss also im Glas noch eine zweite Strömung geben, die sich zusätzlich zu der Kreisströmung einstellt und die die Teeblätter in die Mitte des Glases treibt. Eine solche Strömung nennen die Physiker „Sekundärströmung“ (also Zweitströmung). Sie läuft an der Wasseroberfläche nach außen, da hier die Bewegung des Wassers nicht durch Reibung mit der Wand des Glases behindert wird und deshalb die Fliehkraft die Flüssigkeit hier ungehindert nach außen treiben kann. Ähnlich sieht es in einem Fluss aus, der eine Biegung macht: In der Biegung wirkt eine nach außen gerichtete Fliehkraft. Da am Boden die Strömung durch Reibung mit dem Flussbett abgebremst wird, wird das Wasser an der Oberseite stärker nach außen getrieben als am Boden. Außerdem werden durch die Sekundärströmung am Boden noch Sand und Steine mitgerissen, so dass das Flussbett mit der Zeit an der Außenseite stärker ausgewaschen und das Material von dort zur Innenseite transportiert wird, wo es sich wieder anlagert. Wenn ein Fluss einmal eine Biegung macht, wird sie immer weiter nach außen getrieben und verstärkt.

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