Frage:

Warum dreht sich die Erde?

Antwort:

Die Drehung der Erde um ihre Achse innerhalb von 24 Stunden gleicht einem präzisen Uhrwerk. Der Rhythmus dieses Uhrwerks bestimmt den immerwährenden Wechsel von Tag und Nacht und führt so auf weiten Teilen der Erde zu jenem milden Klima, das das Enstehen von Leben erst ermöglichte. Um zu verstehen, warum sich die Erde dreht, ist es notwendig, sich die Geburt unseres Sonnensystems zu veranschaulichen.

Vor fast 5 Milliarden Jahren war unser Sonnensystem nicht mehr als eine gigantische Wolke aus Staub und Gas. Deren Bestandteile zogen sich durch die Schwerkraft an, so dass sich die Wolke verdichtete und schließlich eine riesige flache Scheibe formte, die immer schneller zu rotieren begann, je kleiner sie durch die Schwerkraft wurde. Die Geschwindkeit der Rotation erhöhte sich dabei nach dem gleichen Prinzip, das die Beschleunigung der Drehung eines Eiskunstläufers bewirkt, der seine Arme während einer Pirouette anlegt. Die Sonne entstand schließlich im Zentrum der Scheibe. Der umherschwirrende Rest aus Gas und Staub klumpte zusammen und formierte sich zu Planeten wie der Erde, zu Monden, Asteroiden und Kometen. Die Geburt des Sonnensystems aus einer rotierenden Staubscheibe erklärt die Drehung aller Planeten um die Sonne.

Die Drehung der Erde um ihre eigene Achse hat jedoch eine andere Ursache. Während die Planeten entstanden, kollidierten sie sehr häufig mit anderen großen und kleinen Himmelskörpern. Durch diese Kollisionen veränderte sich die Rotationsgeschwindigkeit der Planeten. Wissenschaftler glauben heute, dass ein sehr großes Objekt, etwa von der Größe des Mars, die noch junge Erde getroffen hat und große Brocken aus ihr löste, die sich zusammenfanden und unseren Mond bildeten. Diese Kollision ließ unsere Erde so schnell um die eigene Achse rotieren, dass ein Tag damals nur etwa sechs Stunden dauerte! Der Mond war zu diesem Zeitpunkt der Erde viel näher als heute und füllte fast den gesamten Himmel aus.

Warum aber ist ein heutiger Tag 24 Stunden lang? Während sich die Erde dreht, lässt die Schwerkraft des Mondes das Wasser der Ozeane ständig ansteigen und abfallen. So enstehen Ebbe und Flut. Die Bewegung des Wassers verursacht Reibung, durch die sich die Rotation der Erde mit jeder Umdrehung um einen winzigen Bruchteil verlangsamt. Der Mond entfernt sich dabei jedes Mal ein kleines Stück von der Erde. Über Milliarden von Jahren machen sich diese kleinen Änderungen allerdings bemerkbar. Sie haben die Länge eines Tages auf 24 Stunden anwachsen lassen und die Entfernung zwischen Mond und Erde vervielfacht.

Wie jedes Uhrwerk, verstellt sich also auch der kosmische Zeitmesser der Erddrehung und geht immer weiter nach. Das ist jedoch kein Grund zur Beunruhigung. In hundert Jahren wird ein Tag nur etwa zwei Tausendstelsekunden länger sein als jetzt. Nun entsteht jedoch ein Konflikt zwischen der Zeitmessung der astronomischen Zeit (UT1), die auf der Erdrotation basiert, und der physikalischen Atomzeit, die durch Cäsium-Atomuhren auf der Erde bestimmt wird.

Daher wird die Erdrotation heute über ein weltumspannendes Netz von Radioteleskopen bis auf 3 Millimeter genau vermessen. Anschließend werden alle Daten am Max-Planck-Institut für Radioastronomie ausgewertet und zur Weltstandardzeit (UTC) kombiniert. So endet der Zeitunterschied nicht im Zeitchaos.

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