Frage:

Warum polt sich das Erdmagnetfeld um?

Antwort:

Das Magnetfeld der Erde hat zwei Pole und ist da­rum dem Dipolfeld eines Stabmagneten sehr ähnlich. Da die magnetischen Pole mit den geographischen Polen fast zusammenfallen, können wir mit einer Kompassnadel, die selbst ein kleiner Stab­-mag­net ist, die Himmelsrichtung bestimmen. Aufgrund seiner Bedeutung für die Navigation wird das Erdmagnetfeld seit einigen Jahrhunderten vermessen und erforscht. Dabei haben Carl-Friedrich Gauß und Alexander von Humboldt wichtige Rollen gespielt. Heute vermessen Forschungssatelliten das Feld mit hoher Präzision. Wir wissen, dass es weitere schwächere Anteile besitzt, die komplizierter sind als ein Dipolfeld. Zudem ändert  es sich langsam aber beständig. Zur Zeit wandert etwa der magnetische Nordpol im Jahr 55 Kilometer näher an den geographischen Pol heran und die Stärke des Dipolfeldes nimmt um 0.003 Prozent  pro Jahr ab.

Wie das Feld in der weit zurück liegenden Vergangenheit aussah, können wir zum Beispiel aus magnetisiertem Lavagestein schließen. Lava enthält kleine magnetische Teilchen, die sich wie Kompassnadeln verhalten. Solange die Lava flüssig ist, können sie sich nach dem Erdfeld ausrichten. Kühlt sie jedoch ab, verlieren die Teilchen ihre Beweglichkeit und die Feldrichtung wird eingefroren. Aus der Analyse von Gesteinen aus verschiedenen Zeitaltern wissen wir, dass das Erdmagnetfeld mindestens 3,4 Milliarden Jahre alt ist und dass der Dipol sich in unregelmäßigen Abständen umgepolt hat. Diese Umpolungen sind sehr selten. Die letzte hat vor 780.000 Jahren stattgefunden.

Diese Umpolungen werden am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau mit Hilfe von aufwändigen Computersimulationen untersucht. Dabei wird der Dynamoprozess, der das Erdmagnetfeld erzeugt, im Computer nachgebildet. Dieser Prozess findet im Eisenkern der Erde statt, der 2.900 km unter unseren Füßen beginnt. Im tiefen Zentrum der Erde sitzt ein fester Eisenkern, der Großteil des Eisens ist jedoch wegen der hohen Temperaturen im Erdinneren flüssig.  Temperaturunterschiede treiben hier komplizierte Fließbewegungen an. Ähnlich wie in einem Fahrraddynamo wird durch die Bewegung elektrischer Strom erzeugt. Beim Fahrrad bringt der Strom Lampen zum Leuchten, im Erdinneren ist er für das Magnetfeld verantwortlich. Die Computersimulationen zeigen, dass besonders ausgeprägte  Aufströme in der Äquatorregion des Eisenkerns Umpolungen auslösen können. Da diese Aufströme chaotisch variieren und nur selten die nötige Stärke erreichen, sind Umpolungen zum einen schwer vorhersagbar und zum anderen sehr selten.

Eine Umpolung beginnt mit der Abnahme des Dipolfeldes, das bis auf etwa 20 Prozent seiner Normalstärke sinkt. Die heute bei der Erde beobachtete Abnahme liegt damit noch im Bereich normaler Schwankungen. Der ganze Prozess dauert mit mehr als 10.000 Jahre recht lange. Dies lässt Zugvögeln und anderen Tieren, die sich am Erdmagnetfeld orientieren, genügend Zeit, sich auf die Veränderungen einzustellen. Das Erdmagnetfeld dient als Schutzschild vor dem von der Sonne ausgehenden Strom geladener Teilchen. Während einer Umpolung wird dieses Schild schwächer. Da das Erdmagnetfeld aber nicht ganz verschwindet, werden die Auswirkungen weniger dramatisch sein, als manchmal angenommen wird.

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