Jan-Peter Toennies erhält Physik-Preis

Die Italienische Physikalische Gesellschaft zeichnet den emeritierten Direktor des MPI-DS mit dem „Premio Enrico Fermi“ aus

10. August 2022

Jan-Peter Toennies, ehemaliger Direktor des Max-Planck-Instituts für Strömungsforschung (heute: MPI für Dynamik und Selbstorganisation, MPI-DS) und sein italienischer Kollege Giorgio Benedek von der Universität Mailand haben großen Grund zur Freude. Beide wurden für ihre „bahnbrechenden Studien zu dynamischen Effekten auf atomarer Ebene an der Oberfläche von Festkörpern durch die Entwicklung der hochauflösenden Spektroskopie auf der Grundlage der Streuung von Heliumatomen“ ausgezeichnet. Sie erhalten den „Premio Enrico Fermi“, der jährlich von der Italienischen Physikalischen Gesellschaft für besondere Verdienste und Entdeckungen in der Physik ausgelobt wird.

Eine prägende Rolle für die Institutsgeschichte

Jan-Peter Toennies prägte die Forschung und Entwicklung des MPI-DS über viele Jahrzehnte. Bereits 1969 wurde er Direktor des Instituts, welche damals noch den Namen „Max-Planck-Institut für Strömungsforschung“ trug. Mit seinen Kollegen Hans Pauly und Heinz Georg Wagner richtete er in den folgenden Jahren die Forschung des Instituts neu aus. Gemeinsam begründeten sie mehrere neue physikalische Abteilungen: Molekulare Wechselwirkungen, Atom- und Molekülphysik und Reaktionskinetik. Diese Forschungszweige bildeten eine Ergänzung zu dem bisherigen vornehmlich strömungsphysikalischen Arbeiten.

Seit seiner Emeritierung im Jahr 1998 ist Jan-Peter Toennies dem Institut bis zum heutigen Tag weiterhin eng verbunden. So begleitete er in den folgenden Jahren eine weitere Neuausrichtung des Instituts auf nichtlineare Dynamik. Diesem Umstand wurde im Jahr 2004 auch durch die Umbenennung in „MPI für Dynamik und Selbstorganisation“ Rechnung getragen, um die Erforschung nicht-linearer und komplexer Systeme auch im Namen widerzuspiegeln.

Unermüdlicher Einsatz für die Wissenschaft

Während seiner langjähren wissenschaftlichen Karriere beschäftigte sich Jan-Peter Toennies vor allem mit Molekülphysik und der Streuung von Atomen und Molekülen an Oberflächen von Festkörpern. Auch entwickelte seine Gruppe eine neue Methode um Molekül-Spektroskopie bei vorher noch nie erreichten tiefen Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt mit sehr hoher Auflösung durchzuführen. Eine bedeutende Entdeckung in diesem Zusammenhang ist die Erkenntnis, dass Superfluidität sogar in sehr kleinen Heliumclustern aus  einigen hundert  Atomen auftreten kann. Bis dahin war die Superfluidität lediglich von flüssigem Helium bekannt. Auch konnte die lang vermutete Superfluidität von Wasserstoff mit dieser Methode erstmals nachgewiesen werden.  Zukünftig könnte dieses Ergebnis könnte bei der Anwendung von Wasserstoff als Energieträger von Bedeutung sein.

Auch nach mehr als 20 Jahren im Ruhestand ist Jan-Peter Toennies noch immer ein sehr aktives wissenschaftliches Mitglied des MPI-DS. Erst kürzlich erschien das von ihm und seinem ehemaligen Schüler Alkwin Slenczka herausgegebene  Werk „Molecules in Suprafluid Helium Nanodroplets“. In diesem beschrieben die Wissenschaftler sowie internationale Expert*innen neueste Methoden der molekularen Spektroskopie bei ultrakalten Temperaturen, basierend auf den Arbeiten der eignen Forschung. Derzeit erforscht Jan-Peter Tönnies die Kräfte welche die Atome miteinander verbinden, um Moleküle zu bilden.

Über seine Auszeichnung freut sich der Preisträger sehr: „Ich fühle mich durch diese Entscheidung der Italienischen Physikalischen Gesellschaft sehr geehrt und freue mich über die Anerkennung der engen Zusammenarbeit mit dem genialen Theoretiker Giorgio Benedek über fast 50 Jahre“ Auch Ramin Golestanian, der geschäftsführende Direktor des MPI-DS, gratuliert sehr herzlich: „Im Namen des Instituts danke ich Professor Toennies für sein unermüdliches Engagement und beglückwünsche ihn herzlich zu dieser wohlverdienten Auszeichnung.“

Eine Auszeichnung in Erinnerung an einen berühmten Physiker

Der Enrico-Fermi-Preis wurde im Jahr 2001 von der Italienischen Physikalischen Gesellschaft in Leben gerufen. Anlass hierfür war der 100. Geburtstag des Namensgebers, einer der führenden Physiker des 20. Jahrhunderts. Der Italiener Enrico Fermi beschäftige sich vornehmlich mit der Kernphysik; für seine Entdeckung der durch langsame Neutronen ausgelösten Kettenreaktion in Atomkernen erhielt er 1938 den Nobelpreis für Physik.

Zu Beginn seiner Karriere in den 20er Jahren führte Fermi einen Teil seiner Forschung auch in Göttingen unter der Leitung von Max Born durch. Es ist somit ein ganz besonderes Ereignis, dass nun seinerseits ein Göttinger Physiker mit dem prestigeträchtigen „Premio Enrico Fermi“ ausgezeichnet wird.

Der mit 30.000 dotierte Physik-Preis wird den beiden Wissenschaftlern am 12.09 in einer feierlichen Verleihung in Mailand, Italien, überreicht.

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