Polymernetzwerke quetschen Flüssigkeitströpfchen aus
In einer jetzt in Nature Physics erschienenen Veröffentlichung zeigt eine Zusammenarbeit der Gruppe von David Zwicker am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen mit der Gruppe von Eric Dufresne an der ETH Zürich neue, überraschende Effekte von Polymernetzwerken auf das Wachstum von Tröpfchen.
Diese Arbeit könnte neue Wege für die Herstellung von mikroskopischen Mustern eröffnen und zudem entschlüsseln, wie membranlose Organellen im Inneren von Zellen kontrolliert werden. In beiden Fällen müssen die winzigen Tröpfchen räumlich angeordnet und über lange Zeiträume stabilisiert werden.
Ob Salatdressing oder biologische Zellen: Ähnliche Selbstorganisation
Stabile Tröpfchen sind in der Regel schwer zu erzeugen, beispielsweise bei der Herstellung von Salatdressing. Denn rührt man Öl und Essig kräftig um, um kleine Tröpfchen zu erhalten, neigen sie mit der Zeit dazu, wieder zu einem großen Öltröpfchen zu verschmelzen. Bedeckt man hingegen die Oberfläche eines Tröpfchens mit einer Seifenschicht, können die Tröpfchen viel länger stabil sein. Aus diesem Grund nutzen wir Spülseife, wenn wir Öl von Töpfen und Tellern entfernen wollen.
Ähnliche Probleme treten im Inneren biologischer Zellen auf, wo die Tröpfchen kleine Strukturen bilden, die die Zelle organisieren. Insbesondere müssen die Zellen die Anzahl, Größe und Position dieser Tröpfchen kontrollieren, um voll funktionsfähig zu sein. Bislang ist unklar, wie sie diese anspruchsvolle Aufgabe erfüllen. Ein wichtiger Bestandteil der Zellen sind lange, stabile Polymere, die das Zytoskelett bilden, das ihnen ihre Form, Stärke und Beweglichkeit verleiht. Nun stellten die Grundlagenforscher um Zwicker und Dufresne die Hypothese auf, dass die elastischen Eigenschaften dieser Netzwerke die Tröpfchenbildung beeinflussen und von den Zellen zur Tröpfchenkontrolle genutzt werden können.
Von groß zu klein und klein zu groß
In der neuen Publikation zeigen die Forscher des MPIDS Göttingen und der ETH Zürich, dass ein Polymernetzwerk verhindert, dass die Tröpfchen zusammenfließen und größer werden. So wird die Seifenschicht überflüssig. Zudem drückt das Polymernetzwerk wachsende Tröpfchen zusammen, was zwei interessante Nebenwirkungen hat. Erstens kann ein Netzwerk einen Tropfen so stark zusammendrücken, dass er sich in der Flüssigkeit um ihn herum auflöst. Zweitens bewegen sich die Tröpfchen von steiferen zu weicheren Teilen des Netzwerks. Sie erreichen dies nicht, indem sie einfach von einem Ort zum anderen gleiten, sondern sie neigen dazu, sich in den steiferen Teilen aufzulösen, während sie in den weicheren Teilen wieder kondensieren und wachsen.
Bisher weiß das Team nicht, ob diese Prozesse in lebenden Zellen auch im Spiel sind, aber sie arbeiten hart daran, der Sache auf den Grund zu gehen. In der Zwischenzeit entwickeln sie weitere sinnvolle Anwendungen, von synthetischen mikroskopischen Mustern bis zu Strukturfarben, bei denen die fabelhafte Kontrolle, die Polymere gegenüber flüssigen Tröpfchen bieten, nützlich sein können.