Frage:

Was ist der „Hot Chocolate Effect“?

Antwort:

Wenn man einen Keramikbecher zum Beispiel mit heißem Kaffee füllt und dann kontinuierlich mit einem Löffel auf die Mitte des Becherbodens klopft, wird der dabei erzeugte Ton immer höher. Rührt man den Kaffee um und startet von neuem, ist der Ton wieder tiefer, wird dann aber wieder höher. Warum? Dies ist eine ausgezeichnete Frage! Das Phänomen der wechselnden Tonhöhe ist der so genannte „heiße Schokoladeneffekt“, der sorgfältig von dem Physiker Frank Crawford1 analysiert wurde. Doch bevor ich auf seine Erklärungen eingehe, schlage ich vor, dass Sie den Effekt selbst einmal beobachten und sich eine schöne heiße Tasse Kaffee oder Schokolade kochen. Tritt derselbe Effekt auch bei anderen Getränken auf? Spielt es eine Rolle, welche Temperatur die Flüssigkeit hat oder welche Menge man verwendet? Was passiert, wenn man das Experiment mit unterschiedlich geformten Tassen aus anderen Materialien durchführt? Bevor Sie weiterlesen, probieren Sie das Experiment selbst einmal aus!


Alle Klänge, die wir hören, entstehen aufgrund mechanischer Schwingungen. Klopft man an die Unterseite einer Tasse, beginnt diese zu vibrieren, und die Flüssigkeit wird, zusammen mit der sie umgebenden Luft, in Schwingung versetzt. Es entsteht eine hörbare Schallwelle. Abhängig von der Geschwindigkeit der Schwingungen, nehmen wir unterschiedliche Töne wahr. Schnellere Vibrationen mit größerer Frequenz entsprechen höheren Tönen.
Die Tasse Kaffee ist ein Resonator, ähnlich einer Orgelpfeife oder Gitarrensaite. Nach dem Anschlag beginnt dieser, mit einer bestimmten Frequenz zu schwingen, die von der Geometrie des Klangkörpers und dem verwendeten Material abhängt. So erzeugen zum Beispiel die großen Pfeifen einer Orgel tiefe Töne. Beim Gitarrenspiel ändert man die Tonhöhe, indem man durch Andrücken des Fingers die entsprechende Saite verkürzt und dadurch den Ton höher klingen lässt. Ebenso spielt das Material der Saite eine1 Crawford, Frank S. „The hot chocolate effect.” Am. J. Phys. 50, 398.. Rolle, das sich durch Dichte und Elastizität voneinander unterscheiden kann. So können auch Saiten mit gleicher Länge unterschiedliche Tonhöhen erzeugen. Je schwerer die Saite, desto tiefer der erzeugte Ton. Beim Stimmen der Gitarre erhöht man die Steifigkeit der Saiten durch Anspannen der Stellschrauben. Je stärker die Saite gespannt ist, desto höher klingt sie.


Während man die Tasse umrührt, entstehen Luftblasen, wodurch sich die Dichte der Flüssigkeit geringfügig, ihre Komprimierbarkeit jedoch sehr drastisch verändert. Aufgrund der Luftblasen lässt sich die Flüssigkeit leichter zusammendrücken und ist weniger fest. Wie bei einer schwach gespannten Gitarrensaite, ist somit der Ton, der beim Anschlagen mit dem Löffel erzeugt wird, tiefer. Sobald die Luft wieder aus der Flüssigkeit entwichen ist, steigt die Kompressibilität, und es erklingt wieder die ursprüngliche Tonhöhe. Eine tolle Wirkung hat der „umgekehrte heiße Schokoladeneffekt“, wie Crawford herausfand: Füllt man eine Tasse mit heißem Leitungswasser und klopft mit dem Löffel auf den Tassenboden, so stellt man fest, dass die Tonhöhe des Klopfgeräusches sogar zuerst kontinuierlich abnimmt, bevor sie wieder zu steigen beginnt. Haben Sie hierfür eine Erklärung?

1 Crawford, Frank S. „The hot chocolate effect.” Am. J. Phys. 50, 398..

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