Frage:

Warum altern wir?

Antwort:

„Nichts ist so sicher wie der Tod!“ heißt es im Volksmund. Die Frage, warum wir sterben müssen, ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst und gleichbedeutend mit unserer Frage: „Warum altern wir?“. Die Vergänglichkeit der Natur und besonders die Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod haben die Menschen schon immer tief bewegt und zum Nachdenken angeregt. Viele Menschen suchen daher in den verschiedensten Religionen nach Antworten auf diese Fragen. Dass die Frage „Warum altern wir?“ durchaus ihre Berechtigung hat, macht folgende Überlegung deutlich: Viele Körperzellen können sich teilen und so die Organe und Gewebe des Körpers ständig erneuern. So heilen zum Beispiel Wunden in der Haut. Und doch ist diese Fähigkeit zur Regeneration nicht unbegrenzt. Die Frage könnte also auch lauten: „Warum bleiben wir nicht ewig jung!?“ Um uns dieser Frage zu nähern, müssen wir sie aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten.

Die erste Interpretation versucht zu erklären, was uns altern lässt, also warum es zu den bekannten Alterserscheinungen kommt. Auch wenn sich die Forscher nicht ganz einig sind, welcher der Hauptgrund ist, dürfte klar sein, dass mehrere Faktoren eine Rolle spielen. Zum einen häufen sich in den Zellen im Laufe der Zeit immer mehr Schäden in unserem Erbgut an. Daran ist zum Beispiel die Bildung so genannter freier Radikale schuld, die beim normalen Stoffwechsel entstehen. Diese freien Radikale können Zellbestandteile zerstören und so dazu führen, dass die Zellen nicht mehr richtig arbeiten. Zum anderen wird das Erbgut, das in jeder einzelnen Zelle steckt, bei jeder Zellteilung verkürzt. Um dieser Verkürzung entgegenzuwirken, besitzt das Erbgut spezielle Schutzkappen (Telomere). Ein Enzym, die Telomerase, dessen Entdeckung letztes Jahr mit dem Nobelpreis gewürdigt wurde, erneuert diese Schutzkappen ständig, allerdings nur in bestimmten Zellen. Dadurch geht in den anderen Körperzellen mit der Zeit immer mehr Erbinformation verloren, so dass sie sich nicht mehr erneuern können und absterben.

Aus einer zweiten Richtung betrachtet, lautet die Frage: Was ist der biologische „Sinn“ des Alterns? Warum hat die Evolution nicht dafür gesorgt, dass alle Lebewesen so lange leben und Nachkommen produzieren, bis sie durch Krankheiten, Unfälle oder Naturkatastrophen ums Leben kommen oder gefressen werden? Offensichtlich ist dies nicht der Fall, und darum muss es einen Grund dafür geben, dass Lebewesen langsam altern und dann sterben. Allerdings sind sich die Forscher auch hier nicht einig. Eine der Theorien besagt, dass die älteren Generationen irgendwann für die jüngeren Generationen Platz machen. Die neuen Generationen sind in der Regel anpassungsfähiger und können so auf neue Umweltbedingungen besser reagieren und ihre Gene besser verbreiten.

Der Fortschritt in der Medizin und unser modernes Hygieneverständnis haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass die Lebenserwartung der Menschen immer weiter angestiegen ist. Allerdings bedeutet dies auch, dass unser Gehirn länger leistungsfähig sein muss. Dass aber auch die geistigen Fähigkeiten nicht vom Altern verschont bleiben, bemerken ältere Menschen häufig bei sich selbst. Es fängt damit an, dass sie neue Dinge nicht mehr so schnell lernen können, und kann unter Umständen zur Alzheimer-Demenz führen. Um dem frühzeitigen Altern des Gehirns entgegenzuwirken, kann aber jeder selbst etwas tun: Sport, viele soziale Kontakte, eine gesunde Ernährung und vor allem stetig neue geistige Herausforderung können helfen, auch im Alter geistig fit zu bleiben.

Außerdem lassen neuere Erkenntnisse offenbar den Schluss zu, dass Altern ein regulierter Prozess ist. Es scheint also so etwas wie ein „Alterungsprogramm“ in den Zellen zu geben. Das bedeutet auf der einen Seite, dass der Körper für das Altern programmiert ist und sich der natürliche Tod nicht beliebig hinauszögern lässt. Auf der anderen Seite heißt es aber auch, dass es Regelknöpfe und Schalter gibt, die wir „von außen“ betätigen können, um den Alterungsprozess zu verlangsamen. Einer dieser Schalter ist offenbar unsere Kalorienzufuhr. Eine Fülle von Forschungsergebnissen sieht dort einen klaren Zusammenhang, zumindest bei Versuchstieren: Weniger Kalorien bedeutet langsameres Altern.

Die Alternsforschung steckt noch in den Kinderschuhen und lässt noch einiges erwarten. Es kann also damit gerechnet werden, dass die Lebenserwartung auch in Zukunft noch weiter ansteigt.

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