Zusammen effizienter

12. November 2021

Mechanisch gekoppelte Enzyme zeigen eine Steigerung ihrer katalytischen Effizienz - das ist das Ergebnis einer Studie der Gruppe von Ramin Golestanian und Jaime Agudo-Canalejo vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass Enzyme von der Zusammenarbeit profitieren und die für einzelne Enzyme erforderliche Aktivierungsenergie vermeiden können. Auf diese Weise können zwei Enzyme Hand in Hand arbeiten, um einen insgesamt schnelleren Umsatz einer chemischen Reaktion zu erreichen. Die Studie wurde kürzlich in Physical Review Letters veröffentlicht.

Es ist bekannt, dass sich Enzyme in biologischen Systemen zu Clustern zusammenschließen, die die katalytische Aktivität dieser wichtigen Moleküle unterstützen. Die enge Nachbarschaft zwischen verschiedenen Enzymen wurde im Allgemeinen als vorteilhaft angesehen: wenn das Produktmolekül aus der von einem Enzym katalysierten Reaktion anschließend in der von einer anderen Art von Enzym katalysierten Reaktion verwendet wird, was dazu führt, dass Enzyme Moleküle von einem zum anderen "weiterreichen". Es wurde jedoch auch eine Steigerung der Effizienz beobachtet, wenn Enzyme derselben Art, welche dieselbe Reaktion katalysieren, sich zusammenschließen. Bislang war der Vorteil dieser Organisation nicht bekannt, doch die neue Studie zeigt, dass die Nähe zwischen identischen Enzymen zu einer erheblichen Verbesserung ihrer katalytischen Effizienz führen kann.

"Wir haben gezeigt, dass die mechanische Kopplung zwischen nahe beieinander befindlichen Enzymen dazu führen kann, dass sie sich synchronisieren und gleichzeitig ihre katalytische Aktivität steigern", sagt Jaime Agudo-Canalejo, Erstautor der Studie. Er erklärt: "Was normalerweise ein einzelnes katalytisches Ereignis für ein isoliertes Enzym wäre, wird zu einer Kette von vielen katalytischen Ereignissen, wenn zwei Enzyme miteinander interagieren."

Ein allgemeines Prinzip in der Biologie

Es gibt noch viele weitere Beispiele für die Synchronisation in der Biologie. Ein bekanntes Beispiel sind die Flimmerhärchen, die in koordinierter und periodischer Weise schlagen, um den lateralen Flüssigkeitstransport zu ermöglichen. Ebenso folgen Herzzellen einem synchronen Muster, um ein regelmäßiges Schlagen des Herzens zu gewährleisten.

In gleicher Weise wurde nun beschrieben, dass die allgemeine enzymatische Aktivität von der gegenseitigen Synchronisation profitiert: "Es ist sehr aufregend zu erfahren, dass sich Enzyme so entwickelt haben und sich solch ausgeklügelte Strategien zunutze machen, um auf molekularer Ebene kooperativ und effizient zu arbeiten. Dieser Mechanismus könnte bei Signalprozessen, die eine koordinierte Reaktion auf einen externen Input erfordern, von Vorteil sein. Darüber hinaus dürfte eine Verstärkung der Katalyse wichtige Auswirkungen auf den zellulären Stoffwechsel haben", erklärt Ramin Golestanian, Hauptautor der Studie und Direktor am MPIDS.

Neue Physik auf molekularer Ebene

Der Mechanismus für die Synchronisierung, der in dieser Arbeit enthüllt wurde, betrifft Enzyme, die während eines katalytischen Schritts kleine Formveränderungen erfahren. Wenn zwei solche Enzyme nahe beieinander liegen, entweder direkt aneinandergebunden sind oder indirekt über das sie umgebende physikalische Medium (z. B. eine Zellmembran) interagieren, bewirkt die Ausdehnung des einen Enzyms die Kontraktion des anderen. Auf diese Weise treiben sie sich gegenseitig abwechselnd in ihrem katalytischen Zyklus. Dem Modell zufolge kann dies zu einem langen Schub an Aktivität führen, der so lange anhält, bis eine thermische Fluktuation die gesamte katalytische Aktivität des Enzymkomplexes zum Stillstand bringt. Darüber hinaus wird der Beginn der Kooperativität durch einen topologischen Übergang erreicht, was das Phänomen auf einer eher grundlegenden Ebene besonders faszinierend macht.

"Der Mechanismus, den wir in diesem molekularen System aufgedeckt haben, stellt eine neue Art von Synchronisationsmechanismus dar, der sich qualitativ von denjenigen unterscheidet, die in zuvor untersuchten größeren Systemen vorkommen", fasst Ramin Golestanian zusammen. "Das Modell eröffnet somit eine Fülle neuer Wege für die Forschung auf diesem Gebiet."

 

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