Fred Wolf erhält den Mathematical Neuroscience Prize 2017

Erstmals wird ein europäischer Forscher mit dem weltweit höchstdotierten Preis für bahnbrechende mathematische Beiträge zum Verständnis des Gehirns ausgezeichnet

7. März 2017

Der Physiker Fred Wolf vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation (MPIDS), Leiter des Göttinger Bernstein Zentrums für Computergestützte Neurowissenschaften (BCCN) und Honorarprofessor an der Universität Göttingen wird mit dem Mathematical Neuroscience Prize ausgezeichnet. Wolf erhält den mit 100.000 US$ dotierten Preis für seine grundlegenden Arbeiten zu den Mechanismen des Sehens im Gehirn. Mit dieser Auszeichnung würdigt das Preiskomitee „Fred Wolfs bahnbrechenden Beiträge zur theoretischen Neurowissenschaft insbesondere zur Organisation der Sehrinde und zur Dynamik von Nervenzellen und ihrer Schaltkreise“. Theo Geisel, wissenschaftliches Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft und Gründungsdirektor des Göttinger BCCN sagt: „Die Auszeichnung von Fred Wolf mit diesem herausragenden Preis unterstreicht die führende Rolle der Göttinger theoretischen Neurowissenschaft und gibt unserem zukunftsweisenden Forschungsgebiet besonderen Auftrieb." Die Preisverleihung findet am 7. März in Tel Aviv im Rahmen der Konferenz BrainTech 2017 statt.

Verständnis des Gehirns braucht theoretische Konzepte

Das Denken zu verstehen ist immer noch eine der größten wissenschaftlichen Herausforderungen, der sich Fred Wolf in seiner Forschung angenommen hat. Denn das Gehirn ist wohl die komplexeste Struktur, die die Natur hervorgebracht hat: Milliarden von Nervenzellen, über Billionen von Verknüpfungen miteinander verschaltet, verarbeiten enorme Informationsmengen innerhalb von Sekundenbruchteilen in Form von komplexen, räumlich-zeitlichen elektrischen Aktivitätsmustern. Für das Verständnis dieses komplexen biologischen Systems sind mathematische Analysen und Theorien unverzichtbar. Fehlfunktionen des Gehirns verursachen gravierende körperliche und geistige Einschränkungen und gehören, insbesondere im Alter, zu den häufigsten Erkrankungen. Diesen Herausforderungen begegnet die neue, dynamische Forschungsdisziplin der Computational Neuroscience. Sie verbindet biomedizinische Experimente mit theoretischen Untersuchungen und eröffnet so den Weg zu neuen Erkenntnissen und technologischen Anwendungen. In Deutschland haben sich Forscher dieses Gebiets zum Bernstein Netzwerk Computational Neurosciences zusammengeschlossen. Es wurde 2004 als Förderinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) ins Leben gerufen, um die Forschungsdisziplin der Computational Neuroscience zu unterstützen. Bis heute hat das BMBF das Bernstein Netzwerk mit einem Gesamtvolumen von mehr als 180 Millionen Euro gefördert.

Über den Preis

Der Mathematical Neuroscience Prize zeichnet Arbeiten aus, die das Verständnis der neuronalen Mechanismen von Wahrnehmung, Verhalten und Denken durch mathematische Analyse und Modellbildung grundlegend vorangetrieben haben. Mathematische Methoden und Modelle sind essentiell, um die Flut verfügbarer genetischer, molekularer, anatomischer und physiologischer Informationen in ein einheitliches und verständliches Bild der Hirnfunktion zu integrieren. Der Mathematical Neuroscience Prize wird von Israel Brain Technologies (IBT) ausgelobt und alle zwei Jahre an zwei Wissenschaftler vergeben. Er ist mit jeweils 100.000 US$ dotiert.

Über Fred Wolf

Fred Wolf studierte Physik und Neurowissenschaften an der Johann-Wolfgang-Goethe Universität Frankfurt und am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main. Für seine grundlegenden Arbeiten zur theoretischen Physik neuronaler Systeme wurde er bereits 1999 mit dem erstmals vergebenen Altdorfer Leibniz Preis sowie mit dem Amos de Shalit Fellowships der Minerva Stiftung und dem Schlössmann Fellowship der Max Planck Gesellschaft ausgezeichnet. In Würdigung seiner innovativen und mathematisch  tiefgründigen Beiträge wurde Fred Wolf 2015 zum Fellow der American Physical Society gewählt. Wolf arbeitete an führenden internationalen Zentren der Theoretischen Neurowissenschaften und der Theoretischen Physik, dem Interdisciplinary Center for Neural Computation, dem Racah Institute of Physics und dem Kavli Institute for Theoretical Physics der Universität California, Santa Barbara (UCSB). Im Jahr 2001 kehrte er nach Deutschland zurück, wo er mit Unterstützung der VolkswagenStiftung und des Human Frontier Science Program am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation eine Forschungsgruppe aufbaute. Im Jahr 2008 wurde er von der Universität Göttingen zum Honorarprofessor der Physik bestellt. Er ist Gründungsmitglied und seit 2013 Leiter des Göttinger Bernstein Center for Computational Neuroscience, Göttingen.  

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