Denkfallen, Neandertaler und die Physik des Fußballspiels

Die diesjährige Vortragsreihe „Wissenschaft beim Göttinger Literaturherbst“ bringt Spitzenforscher aus aller Welt in die Paulinerkirche.

12. September 2011

Warum starb der Neandertaler aus, nicht aber der Homo sapiens? Wie stark wird der Klimawandel unser Leben verändern? Und lässt sich der Ausgang der nächsten Fußball-Weltmeisterschaft berechnen? Um diese und viele weitere Fragen aus der Welt der Forschung geht es in der diesjährigen Vortragsreihe „Wissenschaft beim Göttinger  Literaturherbst“. Zehn Vorträge bieten allen Interessierten einen Streifzug durch die internationale Spitzenforschung von den Natur- und Gesellschaftswissenschaften bis zur Kultur- und Kunstgeschichte. Renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt stellen vom 14. bis 23. Oktober 2011, jeweils um 19 Uhr, in der Paulinerkirche ihre aktuellen Bücher und Forschungsergebnisse vor. Das Themenspektrum reicht in diesem Jahr von der Paläanthropologie bis zur Hirnforschung und Psychologie, von der Palliativmedizin bis zur Experimentellen Physik.

Zu den spannenden Forschungsthemen der vergangenen Jahre zählt der Neandertaler mit seiner Lebensweise und Entwicklung. Der ausgestorbene Verwandte des modernen Menschen macht bei der Vortragsreihe den Anfang: Die renommierte Paläoanthropologin Katerina Harvati aus Tübingen bietet am ersten Abend (Freitag, 14. Oktober) einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung. Über das Bild, das wir uns von Geist und Gehirn machen, geht es am Samstag, 22. Oktober im Vortrag von Michael Hagner. Der Mediziner und Wissenschaftshistoriker von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich schlägt einen Bogen von den ersten Vorstellungen der Antike bis zu heutigen Verfahren neuronaler Bildgebung.  


Vergnügliches und Unterhaltsames halten dieses Mal drei Vorträge bereit. Seine ebenso kurzweiligen wie kenntnisreichen Tier- und Pflanzengeschichten aus dem Buch „Naturgeschichte(n)“ stellt der Zoologe Josef H. Reichholf am Dienstag, 18. Oktober vor – und weiß dabei auch einiges über den Menschen zu berichten. Etwa wenn er erklärt, warum wir Blumen so mögen oder warum die Natur die Liebe erfunden hat. Während Metin Tolan am Donnerstag, 20. Oktober Einblicke in die Physik des Fußballspiels gibt und unter anderem erläutert, warum das Wembley-Tor nicht hätte gegeben werden dürfen, zeigt der Mathematiker Christian Hesse am Freitag, 21. Oktober auf, wie uns die Intuition in der modernen Welt immer wieder in die Irre führt.


Stärker als in den Jahren zuvor kommen bei „Wissenschaft beim Göttinger Literaturherbst“ in diesem Jahr aktuelle gesellschaftliche Fragen zur Sprache und werden aus wissenschaftlicher Sicht beleuchtet. So gibt etwa der Palliativmedizinier Gian Domenico Borasio am Samstag, 15. Oktober einen Einblick in das Thema Sterbebegleitung. Am Mittwoch, 19. Oktober stellt Gerhard Roth sein Buch „Bildung braucht Persönlichkeit. Wie Lernen gelingt“ vor. Dabei plädiert der Biologe für ein Zusammenwirken von Hirnforschung und Psychologie für ein besseres Bildungssystem.


Vor dem Hintergrund der zunehmenden Verarmung der Dritten Welt stellt der Philosoph Thomas Pogge von der amerikanischen Yale University am Sonntag, 16. Oktober die Frage nach einem weltweiten Standard für ökonomische Gerechtigkeit. Und um ökologische Fragen geht es am Montag, 17. Oktober und am Sonntag, 23. Oktober in den Vorträgen von Paul Collier und Stefan Rahmstorf. Während der Brite Collier in seinem Buch „Der hungrige Planet“ Strategien aufzeigt, wie sich Wohlstand und Umweltschutz vereinen lassen, fasst Rahmstorf den aktuellen Wissensstand über den Klimawandel und seine Folgen zusammen.


„Die Vortragsreihe Wissenschaft beim Literaturherbst ist dafür bekannt, eine Woche lang in Göttingen internationale Wissenschaftler von Weltruf zu versammeln“, sagt Christoph Reisner, Geschäftsführer der Göttinger Literaturherbst GmbH. „Das ist uns auch in diesem Jahr gelungen.“ Die zehnteilige Reihe wird veranstaltet von der Göttinger Literaturherbst GmbH, den Göttinger Max-Planck-Instituten für biophysikalische Chemie, für Dynamik und Selbstorganisation und für Experimentelle Medizin sowie von der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen. Die Max-Planck-Institute stellen zudem sechs der zehn Moderatoren. Weitere Vorträge werden von Wissenschaftlern der Universität Göttingen und vom NDR Kultur begleitet. „Auf diese Weise entsteht im Zwiegespräch zwischen Gastredner und Moderator ein lebhafter und fachkundiger Austausch von Ideen, der die Vortragsreihe einzigartig macht“, so Nils Brose, Direktor am Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin und Mitglied des Beirats des Göttinger Literaturherbstes.


Die Vorträge finden vom 14. bis 23. Oktober jeweils um 19 Uhr in der Paulinerkirche (Papendiek 14) statt. Der Eintritt kostet zwischen 10 und 12 Euro. Im Vorverkauf sind die Karten erhältlich in der Buchhandlung Deuerlich (Weender Straße 33) und bei der Tourist-Information im Alten Rathaus (Markt 9). Eine telefonische Kartenbuchung ist unter der Telefonnummer 0551 / 499 80 31 möglich.

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