Schlammpfütze, Permafrost und Basaltsäule

Wabenmuster in der Geologie faszinieren Physiker

26. November 2014

Die Wabenmuster, die man sowohl bei Rissen in ausgetrockneten Pfützen als auch bei Basaltsäulen, auf der Haut junger Krokodile oder auf dem Boden des Planeten Mars findet, werfen die Frage auf, ob es allgemeine Gesetzmäßigkeiten gibt, die zu dieser Art Muster führen? Der Göttinger Physiker Lucas Goehring vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation berichtet im populärwissenschaftlichen Magazin Physics Today über die Entstehung derartiger Strukturen, zusammen mit seinem Kollegen Stephen W. Morris von der Universität Toronto.


Wenn nasser Schlamm trocknet, schrumpft er. Risse bilden sich, einer nach dem anderem. Diese Risse erstrecken sich über die Fläche bis sie auf etwas treffen, beispielsweise auf einen anderen Riss oder ihnen der Schlamm ausgeht. Stoßen sie auf einen anderen Riss, neigen sie dazu ihn in einem rechten Winkel zu treffen. Dieses ermöglicht dem neuen Riss, so viel Energie wie möglich von dem trocknenden Schlamm freizugeben. Sind mehrere Risse entstanden, formen sie ein Netzwerk. In diesem Netzwerk bilden die Risse ein Rechteckmuster, sind also durch rechte Winkel verknüpft. Auf den Abbildungen sieht man aber ganz deutlich, dass nicht etwa Rechtecke und rechte Winkel vorherrschen, sondern dass man statt dessen ein honigwabenartiges Muster findet, mit Winkeln um 120 Grad.


Der Schlüssel zu diesem Phänomen liegt in der zyklischen Wiederholung jeweils ein und desselben Vorgangs. In gefrorenen Böden bricht der jährliche Zyklus von Sommer und Winter den Boden auf und verschließt ihn auch wieder: die Muster entstehen über mindestens Tausende von Jahren. Regnet es, können sich die Risse in getrocknetem Schlamm wieder schließen, bei Sonnenschein öffnen sie sich wieder. In jeder Saison oder jedem Zyklus erscheinen die Risse wieder an grob derselben Stelle wie zuvor, allerdings können sie ihre Form leicht verändern. Weil bei jedem Zyklus neu und per Zufall bestimmt wird, entlang welcher Linien der erste Riss verläuft, gleichen sich die drei Winkel nach vielen Zyklen einander an: jeder Winkel beträgt dann 120 Grad. Ein Honigwabenmuster ist entstanden. Ähnliche zyklische Vorgänge spielen übrigens auch beim Wachstum der Haut junger Krokodile eine Rolle, weshalb ein solches Muster auch dort zu finden ist.


Das grundsätzliche Verständnis dieser universellen Vorgänge liegt durch die Forschungsarbeiten von Lucas Goehring und seiner Arbeitsgruppe jetzt vor. Es ermöglicht aus den beobachteten Mustern wiederum Rückschlüsse über das zugrundeliegende System zu ziehen. So zeigen die Wabenmuster auf dem Marsboden beispielsweise nicht nur, dass die Zustände dort seit vielen tausend Sonnenumkreisungen unverändert sind. Man kann aus der Größe der Muster auch auf die Wärmeleitfähigkeit des Bodens schließen und erhält somit wichtige Informationen über dessen Zusammensetzung, ohne dort zu landen und Proben zu entnehmen.


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