Warum färben sich Blätter im Herbst bunt?

Bei vielen Bäumen und Sträuchern färbt sich das Laub im Herbst erst gelb-rot-braun und dann fällt es ab. Warum passiert das eigentlich und wo kommen die Farben her?

Auch wenn wir den Winter meist eher mit Schnee und generell nassem Wetter verbinden, ist das größte Problem für Pflanzen Trockenheit. Während die Verdunstung von Wasser auch bei niedrigen Temperaturen und sogar in gefrorenem Zustand weiter stattfindet (sie verlangsamt sich nur), funktioniert die Wasseraufnahme und -weiterleitung in der Pflanze mit sinkenden Temperaturen immer schlechter. Gefrorenes Wasser schließlich kann in den Leitungsbahnen gar nicht mehr transportiert werden. Eine intakte Laubkrone könnte im Winter also dazu führen, dass die Pflanze vertrocknet und stirbt.
Manche Pflanzen besitzen spezielle Anpassungen an trockene Umweltbedingungen. Diese behalten ihr Laub in vielen Fällen ganzjährig. Das bekannteste Beispiel sind Nadelbäume, die aufgrund ihrer derben, nadelförmigen Blätter, spezieller anatomischer Anpassungen und ihres harzreichen Holzes nur etwa 1/3 bis 1/4 so viel Wasser verdunsten wie gleichgroße Laubbäume. Aber auch einige Laubgehölze wie der als immergrüner Gartenstrauch beliebte Kirschlorbeer behalten ihr Laubkleid im Winter. Die Blätter solcher Pflanzen sind oft mit einer dicken, verdunstungshemmenden Wachsschicht überzogen.

Wenn Laubgehölze aufgrund der kürzer werdenden Tage das Nahen der kalten Jahreszeit wahrnehmen, bereiten sie sich auf die Winterruhe vor. Da in den Blättern große Mengen an Nähr- und Mineralstoffen enthalten sind, wird so viel wie möglich davon zurückgewonnen und im hölzernen Pflanzenkörper und der Wurzel für den Neuaustrieb im Folgejahr gespeichert.
Das Blattgrün Chlorophyll zum Beispiel ist für die Pflanze ein sehr wertvoller, schwer zu ersetzender Stoff, weil es große Mengen an Stickstoff sowie Magnesium enthält. Deshalb wird im Herbst nach und nach das vorhandene Chlorophyll abgebaut und die Neubildung eingestellt. Die enthaltenen wertvollen Elemente werden in speicherbare Verbindungen umgewandelt und aus dem Laub abtransportiert. Das gleiche passiert auch mit anderen nur begrenzt verfügbaren Elementen, wie z.B. Phosphor, Kalium, Schwefel, oder Calcium.

An Kohlenstoff hingegen herrscht für Pflanzen kein Mangel. Sie können ihn jederzeit und in fast beliebigen Mengen aus Luft gewinnen. Die gelben bis roten Carotinoide und die roten bis blauvioletten Anthocyane bestehen hauptsächlich aus Kohlenstoffgerüsten ohne wertvolle Elemente. Darum müssen sie nicht recycelt werden und bleiben im Blatt zurück. Diese Farbstoffe sind immer im Laub vorhanden, nur wird ihre Farbe meist von den grünen Chlorophyllen überdeckt. Während der warmen Jahreszeit haben diese nicht-grünen Farbstoffe wichtige Funktionen. Sie schützen empfindliche Bereiche vor zu viel UV-Licht, fangen chemisch aggressive Stoffwechselprodukte (reaktiver Sauerstoff) ab oder wärmen das Blatt, indem sie kurzwellige Strahlung aus dem blauen und (ultra-)violetten Spektrum in langwellige (infra-)rote umwandeln.
Im Herbst sorgen die in den Blättern verbleibenden roten und gelben Blattfarbstoffe für das bunte Laub, das diese Jahreszeit so schön macht.


Genaugenommen also färbt sich das Laub im Herbst nicht. Vielmehr entfärbt es sich teilweise, so dass die gelben und roten Farben sichtbar werden.

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