Frage:

Warum tanzt ein Wassertropfen, wenn er auf eine heiße Herdplatte fällt?

Antwort:

Die gute Hausfrau wischt einen Wassertropfen von der Herdplatte, bevor er verdampft und einen hässlichen Kalkfleck hinterlässt. Je wärmer die Herdplatte ist, desto mehr muss sie sich eilen. Denn mit zunehmender Temperatur verdampft der Tropfen immer schneller. Bei einer Temperatur von mehr als 100 Grad Celsius kocht der Tropfen unmittelbar und ist in weniger als einer Sekunde verschwunden. Wenn die Herdplatte allerdings wärmer als 200 Grad Celsius ist, tanzt der Tropfen bis zu einer Minute auf der Platte, bevor er schließlich zu kochen beginnt und verdampft.

Woran liegt das? Und wieso ändert sich das Verhalten des Tropfens so deutlich bei höheren Temperaturen?

Trifft ein Wassertropfen auf eine sehr heiße Herdplatte, verdampft die unterste Wasserschicht sofort – und zwar bevor sich die Hitze durch den gesamten Tropfen ausbreiten kann. Zwischen Wasser und Herdplatte entsteht so ein dünner Film aus Luft. Diese „Isolierschicht“ ist entscheidend für das Tanzen der Wassertropfen. Denn ebenso wie die Luftschicht in doppelt verglasten Fenstern eines Wohnhauses verhindert, dass die gemütliche Innenluft ihre Wärme nach außen abgibt, trennt die Luft unterm Wassertropfen das noch kühle Wasser von der heißen Herdplatte. Der Tropfen heizt sich somit nur sehr langsam auf, und es kann etwa eine Minute dauern, bis er den Siedepunkt von 100 Grad erreicht und verdampft. In der Zwischenzeit schlittert er auf seinem Luftkissen über die Herdplatte. Und wenn sich zu viel Luft unter dem Tropfen aufstaut, springt er sogar in die Höhe.

Bei einer Herdplatte, die kälter als 200 Grad ist, bietet sich dieses Schauspiel nicht. In diesem Fall verdunstet das Wasser gerade so schnell, dass sich die schützende Luftschicht nicht mehr rechtzeitig bilden kann. Der Wassertropfen wird gleichmäßig aufgeheizt und recht bald verdampft er als Ganzes.

Der erste Wissenschaftler, der die tanzenden Flüssigkeitstropfen beobachtete, war der niederländische Arzt Herman Boerhaave. Bereits Anfang des 18. Jahrhunderts bemerkte er, dass Alkohol auf einer heißen Eisenplatte nicht Feuer fängt, sondern kleine Tropfen formt. Deutlich systematischer beschrieb der Namensvater des Effekts, Johann Gottlob Leidenfrost, 1756 das Phänomen. Eine aus heutiger Sicht schlüssige Erklärung konnte der Duisburger Arzt jedoch nicht liefern. Als Alchemist glaubte er fest daran, dass sich alle Stoffe aus den vier Elementen Erde, Wasser, Feuer und Luft zusammensetzen. Den Kalkfleck, den die tanzenden Wassertropfen zurückließen, deutete er als Vereinigung der Elemente Wasser und Feuer zu Erde. An das harte Duisburger Wasser dachte er dabei nicht.

Der Charme der modernen Erklärung ist, dass sie unmittelbar erklärt, wieso der Leidenfrost-Effekt nicht nur bei Wasser auftritt. Jede Flüssigkeit „tanzt“ über Gegenstände, die deutlich wärmer sind als ihr Siedepunkt. So ist das schützende Gaskissen, das beim Leidenfrost-Effekt entsteht, etwa dafür verantwortlich, dass man sich flüssigen, minus 196 Grad kalten Stickstoff für kurze Zeit gefahrlos über die Hand laufen lassen kann. Und manche Menschen behaupten sogar, dass der Leidenfrost-Effekt beim Laufen über heiße Kohlen eine Rolle spielt. Viel wichtiger ist dabei aber wohl ein anderer Effekt! Aber das ist dann eine weitere Geschichte...

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