Frage:

Was ist ein künstliches Element?

Antwort:

Wenn man von künstlichen Blumen oder künstlichen Hüftgelenken hört, dann weiß man worum es sich handelt: Dinge, die wir aus der Natur kennen, werden aus anderem Material nachgebaut, weil sie verloren gingen, oder weil sie so haltbarer werden. Aber gibt es auch „künstliche Elemente“, wie es z.B. Hans Dominik in seinem Zukunftsroman „Element 500“ vorhergesagt hat?

Die Elemente haben die Chemiker klar von den Verbindungen abgegrenzt: Verbindungen sind die unzähligen verschiedenen Stoffe, die wir in der Natur finden. Und die Chemiker erfinden ständig neue dazu: Künstliche Verbindungen sind überall um uns herum. Aber alle Verbindungen setzen sich aus wenigen Elementen zusammen. Das sind die kleinsten, chemisch nicht mehr zerlegbaren Einheiten, die Atome. Sie haben einen winzigen Kern aus positiv geladenen Protonen und ungeladenen Neutronen, der von einer Wolke negativ geladener Elektronen umgeben ist. Jedes Element hat einen eigenen Namen und ist durch die Anzahl seiner Protonen (Ordnungszahl Z) eindeutig bestimmt. Die Anzahl der Protonen und Neutronen bestimmt das Gewicht eines Elements.

Wie sind die Elemente entstanden? Nach dem Urknall bildeten sich sehr schnell die Elementarteilchen, die sich nach etwa drei Minuten zu neutralen Wasserstoffatomen zusammen fanden. Im weiteren Verlauf der Entwicklung entstanden aus Wasserstoffwolken erste Sonnen. Im Kern einer Sonne ist die Temperatur so hoch, dass beim Zusammenstoß zwei leichte Kerne zu einem schwereren verschmelzen können. Alle Elemente bis zur Ordnungszahl Z=26 (Eisen) sind so in einer Sonne erbrütet worden. Schwere Elemente konnten sich bilden, wenn Sterne am Ende ihres Lebens als Supernova explodierten.

Jetzt ahnt man schon, dass Elemente in Beschleunigern künstlich „gemacht“ werden können, wenn verschiedene Atome mit sehr hoher Energie aufeinander prallen. 1937 wurde so mit dem „Technetium“ (Z=43) das erste künstliche Element hergestellt, später das „Promethium“ mit 61 Protonen. Beide Elemente hatte man lange vergeblich in der Natur gesucht, in der Elemente mit maximal 92 Protonen (Uran) vorkommen. Heute hat man mit Beschleunigern die Reihe der Elemente um 25 „Transurane“ oder „Superschwere Elemente“ erweitert (bis Z=118), und an die denkt man immer zuerst, wenn man von künstlichen Elementen spricht. Von den schwersten sind dabei aber nur wenige, einzelne Atome entstanden.

 Am Uran hatte man 1896 die Radioaktivität entdeckt. Neben seinen 92 Protonen enthält es 146 Neutronen, welche die gegenseitige Abstoßung der Protonen mildern. Es können aber auch mehr oder weniger Neutronen sein, und so ist es bei allen Elementen. Typischerweise strebt die Natur immer zu einem Gleichgewicht: Auf dem gleichen Tisch wird heißer Kaffee kalt und Cola warm. So ähnlich gibt es für jedes Element die günstigste Anzahl von Neutronen, bei der es stabil ist, andernfalls zerfällt es. Das geht umso schneller, je ungünstiger die Anzahl der Neutronen ist: Wir sprechen von einem radioaktiven Isotop des Elements. Wenn wir künstliche Elemente im Beschleuniger herstellen, dann sind sie meist noch nicht im Gleichgewicht. Sie sind radioaktiv und verwandeln sich mehr oder weniger schnell in stabile Isotope. Solche kurzlebigen radioaktiven Isotope sind sehr wichtig für die Medizin, die Materialprüfung und allgemein für die Forschung, und auch sie sind künstlich hergestellt.

Für Elemente ab dem Uran gibt es überhaupt keine Neutronenzahl, die zu einem stabilen Atomkern führt: Alle Transurane sind instabil. Jetzt verstehen wir auch, warum es diese Atome nicht in der Natur gibt. Sie bildeten sich vielleicht damals zusammen mit unserem Sonnensystem. Aber bis heute sind sie längst zerfallen. „Künstlichen Elemente“ sind also die 25 Transurane, die es in der Natur nicht – mehr – gibt und die vielen kurzlebigen radioaktiven Isotope, die man alle in Kernreaktionen herstellen kann.

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