Frage:

Wie klettern Efeu und andere Pflanzen die Wände hoch?

Antwort:

Fast jeder hat unseren einheimischen Efeu schon einmal gesehen, denn unzählige Mauern, Pergolen und Hauswände sind mit ihm begrünt. In der kahlen Jahreszeit erfreut er uns mit seinem immergrünen Laub, einem Erbe seiner tropischen Herkunft vor vielen Millionen Jahren. Im Göttinger Wald wächst er als bodendeckende Kriechpflanze und nur hie und da klimmt er an Baumstämmen empor. Wenn er dies macht und nach vielen Jahren Wachstums genug Licht bekommt, dann wandeln sich seine Blätter von gelappten zu rhombischen Formen um und solche Zweige können dann auch Blüten tragen. Man spricht von den „Altersblättern“ des Efeus, die nur an den blühenden Achsen im Spitzenbereich der Pflanzen auftreten.

Doch wie kommt der Efeu überhaupt in die Baumkronen und auf die Hausfirste? Er bildet Haftwurzeln aus! Die Sprosse des Efeus sind in der Lage, überall dort, wo sie mit harten Unterlagen oder feuchter Erde in Berührung kommen, feine Wurzeln auszubilden, die sich in kleinste Vertiefungen und feinste Furchen schmiegen und darin festhalten. Man spricht von sprossbürtigen Wurzeln. Der Kontakt der äußeren Sprossschichten mit einer geeigneten Unterlage löst einen Wachstumsimpuls im Erneuerungsgewebe aus und die Zellen beginnen sich zu teilen. Wie ein Pfeil schiebt sich eine neue Wurzelspitze seitlich aus dem Efeuspross heraus und durchbricht dabei die Oberfläche der Rinde. Sobald die jungen Wurzeln sichtbar werden, erfolgt eine innere Differenzierung mit wasser- und nährstoffleitenden Röhren.

Trotzdem nimmt der Efeu normalerweise kein Wasser aus einer Hauswand oder Mauer über seine Haftwurzeln auf, sondern benutzt sie lediglich zur Befestigung an seiner Kletterunterlage. Nur wenn die Mauer oder die Hauswand dauerhaft nass sind, dringt die Kletterwurzel weiter vor und kann das Bauwerk schädigen. Große Bäume halten einen Bewuchs durch Efeu normalerweise gut aus und können nach vielen Jahren dadurch auch im Winter grün da stehen. Probleme gibt es allenfalls bei Obstgehölzen und schwachen Unterlagen, die unter der viele Zentner schweren Last einer alten Efeupflanze (wird oft über 200 Jahre alt) durchaus zusammenbrechen können.

Ebenso wie der Efeu klettern auch die Klettertrompeten, die aber nur an ihren Sprossknoten Haftwurzeln bilden können. Sie wachsen deutlich schneller als der Efeu und können in einem Sommer meterlange Triebe entwickeln, die an ihren Enden die exotisch anmutenden, roten Trompetenblüten in Büscheln tragen. Andere Kletterpflanzen wie der Blauregen, die Bohne, die Geißblätter  und der Hopfen schlingen sich dagegen um Zweige und Stäbe. Wenn man genau hinguckt, kann man Rechts- und Linksschlinger unterscheiden. Rankenkletterer wie die Blauglocke benutzen Wurzel-, Spross- oder Blattranken, die sich an allen möglichen Orten festhalten können, um zu klettern. Der bekannte Wilde Wein mit seiner scharlachroten Herbstfärbung entwickelt Haftscheiben am Ende solcher Ranken, die sich wie Klebstoff in feinste Risse und Mulden an Maueroberflächen schmiegen und der Pflanze dauerhaften Halt gewähren. Die „echte“ Weinrebe besitzt dagegen Wickelranken ohne Haftscheiben. Einem Sturm trotzen solche Ranken häufig durch das Ausweichen in die Elastizität, denn ihre Kletterhilfen sind wie Spiralfedern geformt und geben starken Reißbewegungen elastisch nach.

Schließlich gibt es „Spreizklimmer“ wie die Kletterrosen und die Brombeeren, die sich mit gewaltigem Längenwachstum in die Baumkronen schwingen und dabei einfach durch stachelige Sprosse oder widerhakenbewehrte Rinden abstützen. Sie müssen am Haus an einem Klettegerüst festgebunden werden, denn im Gegensatz zu den anderen Kletterern sind ihre natürlichen Befestigungsmöglichkeiten nicht ausreichend für eine dauerhafte Begrünung.

Zur Redakteursansicht