Frage:

Kann man Atome sichtbar machen?

Antwort:

Um diese Frage zu beantworten, ist es wichtig zunächst zu verstehen, worin die Schwierigkeiten liegen. Der Grund, warum der Mensch Atome nicht einfach mit dem bloßen Auge erkennen kann, ist deren Größe. Atome sind winzig klein. In Zahlen ausgedrückt hat ein Atom einen Durchmesser von 0,1 Nanometern, also 0,0000000001 Metern. Zum Vergleich müsste man ein DIN A4 Blatt 32-mal der Breite nach in zwei Hälften reißen, um einzelne Atome zu erzeugen. Hört sich nicht nach viel an, aber viel Spaß beim Ausprobieren.

Aus diesem Grund braucht der Mensch Hilfsmittel, um sich diese winzig kleinen Atome ansehen zu können. Leider reicht es nicht aus, ein „paar Atome“ unter ein optisches Mikroskop zu legen und die maximale Vergrößerung einzuschalten. Dies liegt an gewissen Eigenschaften des Lichtes. So können mit Hilfe des sichtbaren Lichtes nur Strukturen aufgelöst werden, die eine Größe von ungefähr 380 Nanometern besitzen. Das ist jedoch 3000 Mal zu groß. Demnach benötigt man andere Instrumente.

Heutzutage existieren mehrere technische Methoden, welche eine atomare Auflösung möglich machen. Eine sehr elegante und leicht zu erklärende Methode ist die Untersuchung mit Hilfe eines Rasterkraftmikroskops (englisch: Atomic-Force-Microscope (AFM)).

Die Funktionsweise lässt sich aus dessen Namen ableiten. Was mit Hilfe dieses Mikroskops gemessen wird, ist die Kraft, die ein Atom auf die Spitze einer dünnen Nadel ausübt. Am einfachsten lässt sich die Art und Weise, wie dieses Mikroskop funktioniert, mit einem Vergleich erklären. Stellen Sie sich vor, Sie seien blind. Obwohl sie nicht sehen können, was Sie lesen, gibt es Bücher die Sie lesen können. Diese Bücher sind in Blindenschrift geschrieben. Die Schrift besteht nicht aus gezeichneten Schriftzeichen, sondern aus kleinen Erhebungen, die in das Papier gedruckt werden. Als blinde Person nutzt man den Finger, um diese kleinen Erhebungen zu erspüren und kann so Schriften lesen. Nach dem gleichen Prinzip funktioniert ein AFM. Bei dieser Untersuchungsmethode wird allerdings die Blindenschrift durch die zu untersuchende Probe und der Finger durch eine sehr scharfe Nadelspitze ersetzt. Diese Spitze ist im Idealfall so dünn, dass sich ganz am Ende nur ein einzelnes Atom befindet.

Die Spitze wird dann an die Probe herangefahren und erfährt eine abstoßende Kraft. Das ist vergleichbar mit zwei Magneten, die man immer näher aneinander heranführt. Wenn die beiden negativen Pole zueinander zeigen, spürt man irgendwann eine abstoßende Kraft zwischen ihnen. Das Gleiche ist auch bei den Atomen zwischen Probe und Messspitze der Fall - nur auf atomarer Ebene. Man benutzt also sozusagen ein anderes Atom um ein Atom sichtbar zu machen. Die sehr scharfe Spitze befindet sich an einem sehr kleinen und dünnen Metallstreifen (im Fachjargon ‚cantilever‘ genannt). Durch die Abstoßung zwischen den Atomen in Probe und Messspitze verbiegt sich der Metallstreifen. Diese Verbiegung wird mit einem Laser detektiert und gibt so Aufschlüsse über die Höhe der Probe. Indem mit der Messspitze Punkt für Punkt über die Probe gerastert wird, kann ein dreidimensionales Bild der Oberfläche erstellt werden.

Abschließend kann man sagen: Nein, man kann heutzutage Atome nicht sehen, aber der Mensch hat über die Zeit Methoden entwickelt, mit denen man Atome sichtbar machen kann. Allerdings werden nur die äußeren Bereiche der Elektronenhülle, die den Atomkern umgibt, dargestellt. Ein wirkliches Abbild eines Atoms mit seiner inneren Struktur aus Protonen, Elektronen und Neutronen ist derzeit mit technischen Methoden nicht möglich. Der momentane Stand der Forschung kann mit einem Luftbild einer Wohnsiedlung verglichen werden. Die einzelnen Häuser können gesehen und unterschieden werden, das Innere der Häuser bleibt den Wissenschaftlern aber noch verschlossen.

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