Frage:

Warum klingen Instrumente verschieden?

Antwort:

Dass sich der Klang zweier Instrumente unterscheidet (oder auch der Klang zweier Stimmen), ist eine alltägliche Erfahrung. Selbst mit geschlossenen Augen können wir erkennen, ob jemand eine Geige spielt oder eine Flöte. Diese Eigenheit des Klangs eines Instruments, seine Textur oder Farbe, bezeichnet man als Timbre oder Klangfarbe. Doch was zeichnet den Unterschied zwischen zwei Klangfarben aus? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir etwas detaillierter untersuchen, was ein Klang und was ein Ton ist.

Ein Ton ist eine mechanische Vibration oder Schwingung. Diese wird von einer Quelle (etwa einem Instrument oder einer Stimme) erzeugt, von einem Medium (beispielsweise Luft oder Eisen) weitergeleitet, von unseren Ohren wahrgenommen und dann von unserem Gehirn verarbeitet. Dieser Ton hat eine wichtige Eigenschaft: seine Frequenz. Darunter verstehen wir die Geschwindigkeit der Schwingung. Die Frequenz misst man in Hertz und bezeichnet damit die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde. Je höher die Frequenz (also je schneller die Schwingung), desto höher ist der Ton. Andersherum gilt: Je niedriger die Schwingungsfrequenz, desto tiefer ist der Ton. Beispielsweise hat der Ton A einer Stimmgabel eine Frequenz von 440 Hertz. Ebenso schwingt die Saite einer Geige, die dieses A spielt, 440-mal in der Sekunde.

Fügt man einem Gegenstand Energie zu, schwingt er mit einer ihm eigenen Frequenz, der so genannten Grundfrequenz. Im Fall einer Geige schwingt die Saite, die mit dem Bogen gestrichen wird. Wenn ein Musiker in eine Flöte bläst, vibriert die Luftsäule im Innern des Instruments. Die Grundfrequenz kann erhöht oder erniedrigt werden, indem man die mechanischen Eigenschaften des Instruments verändert. Und genau das tun Musiker, wenn sie ihr Instrument spielen. Der Violinist, der seine Finger auf verschiedene Stellen der Saiten legt, verändert so die Schwingungsfrequenz der Saiten. Der Flötist, der die Löcher seines Instruments mit den Fingern schließt, verändert die Länge der schwingenden Luftsäule im Innern.

Dennoch enthalten die Töne, die ein Instrument erzeugt, ein wenig mehr als nur die Grundfrequenz. Instrumente schwingen ebenfalls mit mehreren Dutzend weiteren Frequenzen, den so genannten Harmonischen. Dies sind Vielfache der Grundfrequenz. Da 440 Hertz die Grundfrequenz des Grundtons A ist, schwingt die erste Harmonische mit 880 Hertz, die zweite Harmonische mit 1320 Hertz, ….

Wissenschaftler haben die Anzahl der Harmonischen untersucht, die zwei Instrumente erzeugen, die dieselbe Note in derselben Lautstärke spielen. Die Anzahl variiert stark von Instrument zu Instrument. Diesen akustischen Effekt macht man hauptsächlich für den Unterschied der Klangfarbe zweier Instrumente verantwortlich. Doch reicht diese Erklärung aus?

Gehen wir einen Schritt weiter und versuchen wir, die Klangfarbe einer Geige synthetisch herzustellen, indem wir einen Computer die richtigen Harmonischen erzeugen lassen. Erkennen wir das Instrument ? Mit Sicherheit ist das, was wir da hören, keine Flöte. Dennoch fehlt etwas. Dieser feine Unterschied ist in der Art und Weise begründet, wie der Klang erzeugt wird. Kleine Instabilitäten des Bogens auf der Saite (oder der Luftströmung bei der Flöte) tragen dazu bei, diese Unterschiede zu verstärken. Diese Instabilitäten sind sehr kompliziert und kaum vorhersagbar, so dass sie sich nur sehr schwer synthetisch erzeugen lassen. Aus diesem Grund wird ein Computer niemals ein Instrument ersetzen können.

Von einem ästhetischen Blickwinkel betrachtet, hört sich der Klang, den der Computer erzeugt, nicht an wie der einer echten Geige. Er klingt künstlich und langweilig. Man spürt geradezu, dass hier nicht-physikalische Parameter eine Rolle spielen. So kann die Technik, etwa das Hinzufügen eines leichten Vibratos, den Klang gefälliger machen. Und die Intention und das Gefühl, mit der ein Musiker einen Ton erzeugt, haucht diesem sein ganz eigenes Leben ein. Der Ton trägt somit weit mehr als nur physikalische Gesetze.

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